Nachdem sich schon manch Einer beim Zurüsten von Bemo-Modellen über die vielen Kabel und Schläuche geärgert hat, ist es vielleicht hilfreich, an einem Beispiel zu erklären, wofür all die Kabel, Schläuche und Steckdosen eigentlich gut sind. Das könnte die Motivation beim Zurüsten doch etwas anheben...
Kabel, Schläuche und Steckdosen an der Stirnfront eines MGB-Bt 2251-54
Betrachten wir die Front dieses Steuerwagens von links nach rechts aus der Sicht des Betrachters, dann erkennen wir folgende Einrichtungen:
- Zugsammelschiene (ZSS, früher 'Heizkabel')
Ganz links sieht man die Zugsammelschiene (ZSS), die früher Heizkabel genannt wurde. Dieses Kabel weist eine Spannung von 300 Volt auf und diente ursprünglich nur der Stromversorgung der Heizung, weshalb es als Heizkabel bezeichnet wurde. Heute werden über diese Leitung auch z.B. die Klimaanlage und der Speisewagen mit Strom gespiesen.
Damit bei 300 Volt Spannung keine allzu grossen Ströme fliessen, ist die ZSS beidseits, d.h. links und rechts vorhanden.
Ganz rechts auf dem Bild erkennt man die Steckdose für das ZSS-Kabel des gekuppelten Fahrzeugs.
Da die Spannung der ZSS bei den SBB 1000 Volt beträgt, muss dort das Kabel nur einseitig gesteckt werden, während es bei der MGB und bei der RhB auf dem Stammnetz beidseitig gekuppelt werden muss.
Auf der Bernina-Strecke beträgt die Spannung der ZSS dagegen 1000 V, und darum genügt dort nur eine Verbindung.
- Beleuchtung
Rechts von der ZSS ist eine Steckdose zu erkennen. Es handelt sich um die alte Zugbeleuchtung der BVZ, die seit ca. 10 Jahren nicht mehr in Betrieb ist.
- Getriebebremse
Als nächstes ist ein schwarzer glatter Schlauch mit rotem Hahn zu erkennen. Diese Leitung dient der Getriebebremse, die zum Bremssystem II gehört. (Siehe dazu mein Beitrag 'Zahnrad-Spezialitäten'!) Das BS II ist nur bei Zahnradbahnen vorhanden und dient der zusätzlichen Sicherheit. Es kommt nur im Notfall auf Zahnstangenabschnitten zum Einsatz, wenn das BS I keine genügende Bremswirkung mehr erzielt.
Dass die Leitung für die Getriebebremse nur einseitig vorhanden ist, ist ein Grund dafür, dass die Fahrzeuge der MGB nicht um 180 Grad gewendet werden dürfen - was auch nicht unbeabsichtigt vorkommen kann, solange sie nicht auf dem Netz der RhB verkehren.
- Hochdruckspeiseleitung
Der nächste Schlauch mit dem weissen Hahn ist die Speiseleitung für die Druckluft-Bremse. Ursprünglich war bei MGB und RhB nur die Vakuum-Bremse vorhanden. In den letzten Jahren wurden mehr und mehr Fahrzeuge mit Druckluft-Bremse in Betrieb genommen. Damit diese Fahrzeuge im Zug mit Druckluft versorgt werden können, weisen auch viele Fahrzeuge, die nur mit Vakuumbremse ausgerüstet sind, eine Durchgangsleitung mit Druckluft auf.
Die Druckluft-Speiseleitung ist bei ex FO-Fahrzeugen meist beidseits und bei ex BVZ-Fahrzeugen häufig nur einseitig vorhanden. Dieser ex BVZ-Steuerwagen weist zwei Druckluft-Speiseleitungen auf, und darum ist rechts auf dem Bild nochmals eine zu erkennen.
- Vakuum-Hauptleitung
Das innere Schlauchpaar ohne Bremshähne, mit gerippten Schläuchen und Blinddeckel am Schlauchende dient der Vakuum-Bremse. Da im Schlauch meist ein Vakuum von 52 cm Hg herrscht, sind die Schläuche mit Rippen gegen das Kollabieren verstärkt. Die Blinddeckel werden vom Vakuum angesaugt, womit die Vakuum-Hauptleitung fest verschlossen ist, wenn sie nicht mit derjenigen eines anderen Fahrzeugs gekuppelt ist. Die Hauptleitung ist immer beidseitig zu kuppeln, ausser bei Rangierfahrten.
- LBT
Etwas weiter oben ist links von der Übergangstüre das LBT-Kabel zu erkennen, während rechts von der Türe die Steckdose für das Kabel des gekuppelten Fahrzeugs zu sehen ist. Das LBT-Kabel ist die Steuerleitung für Lautsprecher, Beleuchtung und Türen.
- Vielfachsteuerleitung
Die Steckdose unterhalb der Vakuumleitung rechts dient der Vielfachsteuerung.
Im Modell sieht es dann bei einem Bemo-Steuerwagen so aus:
Und nun viel Spass, oder besser: viel mehr Spass beim Zurüsten!