Allegra!
Es ist zwar schon ein paar Tage her, seitdem der St. Moritz-Zermatt- bzw. Zermatt-St. Moritz-Pullman-Express vom 10. bis 13. September unterwegs war, aber nun komme ich dazu, euch ein paar Bilder zu zeigen von diesem tollen Zug und vom neuen, noch attraktiveren Konzept!
Nachdem die Gäste zwischen St. Moritz und Thusis gleich mal von der Hostess mit Kaffee und Gipfeli verwöhnt wurden, durften sie in Thusis ein erstes Mal aussteigen. Mit einem Extrakurs von PostAuto ging es durch die Via Mala nach Zillis (John Knittle lässt grüssen), wo die Besichtigung der weltberühmten Kirche mit ihrer einzigartigen Deckenmalerei sowie des Museums am Postplatz auf dem Programm stand. Zurück in Thusis wurden die Gäste von der nun kompletten Speisewagen-Brigade mit einem stilvollen Apéro verwöhnt - dank des guten Wetters draussen vor dem Pullman-Zug.
Von Thusis bis Disentis durften die Gäste das mehrgängige Mittagessen geniessen. Hier macht der Pullman-Express im 'Gräänd Cänien of Switzerläänd' Station - in Versam-Safien, wo die Gäste einen kurzen Verdauungsspaziergang zum Vorderrhein hinunter unternehmen und sich ein Bild vom tollen Treiben der Wassersportler machen konnten, während die RhBler auf Zugkreuzungen und -überholungen zu achten und die Gäste und übrigen Leute rechtzeitig zu warnen und aus dem Gefahrenbereich zu weisen hatten. Klar, dass dieser prächtige Zug eine magnetische Wirkung auf Alt und Jung hatte!
Bei der Einfahrt in die Zahnstange rastete ein Salonwagen mit seinem Bremszahnrad etwas gar ruppig ein - die erfahrene Hostess, die auch gerade in diesem Wagen war, warf mir einen besorgten Blick zu und ich beruhigte die Gäste mit der Bemerkung "Dieses Bremszahnrad ist nun sicher drin!". Auf der Talfahrt vom Nätschen kurz vor Andermatt warf ich einen Blick aus dem Fenster: Oh weh, aus dem Drehgestell mit dem Bremszahnrad sprühten Funken und qualmte Rauch hervor! Im Bahnhof kniete ich nieder: Zahnradbremstrommel und -bremsklötze glühten leuchtend rot-orange! Ein Visiteur war nicht mehr vor Ort, aber uns plagte die Frage, ob wir diesen Wagen weiter mitführen können... Spätabends ging ein befreundeter MGB-Lokführer der Sache auf den Grund (Es gibt sie also noch, die Lokführer, die mit Leib und Seele Eisenbahner sind!), so gut das im Lampenschein auf dem Abstellgleis möglich war - wobei diese Bild entstand:
Am anderen Morgen um sechs Uhr wurde der Wagen in die Werkstätte auf die Grube rangiert, wo der Visiteur den Schaden so weit beheben konnte, dass wir den nicht so leicht zu ersetzenden Pullmanwagen weiter mitführen konnten. In Realp spazierten die Gäste zum DFB-Bahnhof, wo sie den Dampfzug besteigen durften. Überraschenderweise war die Lok Nr. 4 wieder im Einsatz, die wegen Lokmangels provisorisch repariert wurde. An diesem prächtigen Morgen war die Bergwelt auf der Station Furka besonders eindrücklich zu geniessen!
In Oberwald hiess es in den Pullman-Zug umsteigen, der inzwischen als Leerfahrt durch den Furkatunnel dorthin gefahren war. Nach der gemächlichen Fahrt durchs obere Goms folgte der nächste Zwischenhalt in Fiesch, wo nach einem kurzen Spaziergang die Luftseilbahn aufs Eggishorn erreicht wurde. Auf der Zwischenstation Fiescheralp durften die Gäste zwischen Fondue, Raclette oder einer 'konventionellen' Mahlzeit wählen, bevor sie anschliessend zum knapp 3000 m hohen Eggishorn aufbrechen konnten. Das folgende Bild zeigt die Aussicht von der Fiescheralp in Richtung des besonders mineralienreichen Binntals. Mehrere (nicht mehr ganz junge) Gäste vertrauten mir an, noch nie in ihrem Leben in den Alpen gewesen zu sein...
Auf dem Eggishorn beeindruckten der mächtige Aletschgletscher mit Konkordiaplatz (hinten bei der 'Verzweigung' des Gletschers) sowie Eiger, Mönch und Jungfrau (hinten Mitte, von rechts nach links). Anlässlich der vorletzten Fahrt hatte mein Kollege seine liebe Mühe, Gäste in Turnschuhen davon abzuhalten, den steinigen und im Frühsommer noch stellenweise vereisten Weg ganz aufs Eggishorn hinauf unter die Füsse zu nehmen... Ach, die lieben Flachländer! Ein Kollege witzelte: "Schaaatz, hast du dir weeeh getaaan?" - "Iiich bin immer noch am Faaallen!"
Auf der ganzen MGB-Strecke wird der Zug wann immer möglich von einer HGe 4/4 I ex FO gezogen, dieses Mal von Lok Nr. 32, die gegenwärtig in Disentis stationiert ist. Hier steht der Zug in Fiesch, abfahrbereit nach dem Ausflug aufs Eggishorn. Die Schwesterlok Nr. 36 erhält eine komplette Kastenrevision - das lässt hoffen, dass diese charakteristischen, wunderschönen Loks noch eine Weile erhalten bleiben... Hat man früher nicht auch ohne 'Disainer' formschöne Loks gebaut? Oder vielleicht sogar schönere..?
Die Nacht in Zermatt war kurz, und schon früh hiess es am nächsten Morgen den Zug für die nächste Reisegruppe bereit zu machen. Der 'Arbeitsweg' vom Hotel zum Bahnhof liess einen kurzen Blick aufs immer wieder von Neuem beeindruckende Matterhorn zu:
Lok Nr. 4 hatte offenbar durchgehalten und manöveriert hier den soeben von Gletsch her eingelaufenen Zug zur Rückfahrt. Es war nicht leicht, all die wartenden Fahrgäste vom sofortigen Stürmen des Zuges abzuhalten! Aber bis das Manöver abgeschlossen ist, darf sich kein Fahrgast im Zug aufhalten. Amen!
Tja, kein erfreulicher Anblick... Wo zum Teufel soll denn da der Rhone-Gletscher sein, hä? Ist wohl nur eine Erfindung skrupelloser Tourismusfuzzis! Aber ich konnte die enttäuschten Gäste beruhigen, indem ich sie wissen liess, dass soeben ein Kredit für Sprinkleranlagen gesprochen worden sei und sie nächstes Jahr wiederkommen sollten und dann den neu aufgebauten Gletscher bestaunen könnten.
Zurück in Disentis stand eine Besichtigung der Klosterkirche auf dem Programm, wo uns Pater Theo spannend und mit verschmitztem Lächeln aus der Geschichte und vom heutigen Leben im Kloster berichtete. Gewisse vom Leben gezeichnete Ehemänner sollen mit dem Gedanken gespielt haben, gleich dort zu bleiben...
In Disentis war wiederum Lokwechsel. Die frisch reparierte Nr. 415 machte ihre Sache an beiden Tagen ausgezeichnet!
So weit mein kurzer, unvollständiger Bericht, der auch so hoffentlich etwas 'glutschtig' macht!
Man kann diesen Zug übrigens auch privat mieten, z.B. für ein Geburtstagsfest oder einen Firmenanlass... Das nennen wir dann Charterfahrten. Ich meine ja nur so.
Rätselfrage: Ist der Zug auf der Hin- und Rückfahrt gleich zusammengesetzt?